/ Nach drüben ist sein Auge stets gewandt; / Doch eines blieb, – wir gehen Hand in Hand.“. / Die Wolken prasseln meine Flügel nass.“ Traumreisen können willkürlich durchgeführt werden oder sich unwillkürlich vollziehen. In Am Abend verwandeln (1973) von Richard Piernass lässt sich die Mauer nur in der Phantasie überwinden: „Am Abend verwandeln wir uns und werden Vögel, Mauersegler, die mit schrillen / Schreien den ungeteilten Himmel befliegen“. In Eichendorffs 1850 entstandenem Fragment Der Auswanderer ist es ein letzter Stoß ins Waldhorn, des Leitinstruments der Romantik, der den Abschiedsschmerz auslöst: „Und als die alte Welt versank, / nahm ich mein Waldhorn und blies Ade, / Das gab einmal einen prächtigen Klang, / Mir aber tats doch im Herzen weh.“. Werner Helwig, Mitglied des Nerother Wandervogels, komponiert das Lied Trampen wir durch Land. Wie Windswut / fliegt es durch unsern Rachen. Bei der Interpretation soll auf .. Hallo ihr Lieben :)
Otto Julius Bierbaum verfasst 1903 Eine empfindsame Reise im Automobil, in dem er seine Autofahrt von Prag über Wien nach Italien schildert. Das Gedicht, das im Konjunktiv die Fluchtgedanken des noch Verharrenden schildert, endet mit der Aufforderung, die innere Reise zu wagen: „Nur ein Wunder kann dich tragen / In das schöne Wunderland.“ Die Möglichkeit eines Reisens in der Phantasie kann auch zur Verweigerung führen, wirklich zu reisen – dann wird, wie in Ludwig Uhlands Reisen (1834), die Heimat mit ihren Gedächtnisspuren zu einem weitaus besseren Reiseort: „Alt’ und neue Jugendträume, / Zukunft und Vergangenheit, / Uferlose Himmelsräume / Sind mir stündlich hier bereit.“ Bei Uhland führt die Intensität dieser Seelenreise letztlich zur Flucht: „Darum, Freunde! Texterschließung mit Gliederung zu Günther Kunerts Parabel "Ninive", geschrieben als Hausaufsatz mit der Note 2. Insbesondere seit dem Aufkommen der Eisenbahn gilt die Kritik am Reisen besonders dem allzu schnellen Reisen, etwa in Friedrich Rückerts Eilfahrt (1833): „Du hast, was Monde sonst getrennt, / Wie Sonn’ in Einem Tag durchrennt. Mit seinem dreißigbändigen Reisewerk wird Humboldt zum bedeutendsten deutschen Forschungsreisenden. Entlastungen von den Bedrückungen der Lehrzeit und den Liebeshändeln: „Ich will mein Glück probieren, / Marschieren!“. / Die Nachricht, die dich heimruft / Ist in bekannter Sprache geschrieben.“ Wer reist oder reisen muss, läuft Gefahr, seine Heimat einzubüßen ohne eine neue Heimat zu gewinnen. Urban II. Die Inbetriebnahme der Ludwigsbahn zwischen Nürnberg und Fürth eröffnet das Eisenbahnzeitalter. Für sich und andere. Eine schonungslose Abrechnung mit dem Entdeckungsdrang liefert Dieter Kühn in Humboldt, eine Episode: Alexander von Humboldts Entdeckungsfahrten werden mit einem Katalog ökologischer Katastrophen kombiniert, bevor der Sprecher sein beklemmendes Fazit formuliert: „Ballade von der großen Weltzerstörung fortgesetzt / Mit neuen Wörtern, Namen, Daten, Fakten –“. Unter dem Eindruck einer Herbstwanderung bedauert der Sprecher in Theodor Storms Über die Heide (1875), seine Zeit nicht besser genutzt zu haben: „Wär’ ich hier nur nicht gegangen im Mai! Noch in Detlev von Liliencrons Der Blitzzug (1903) sind die Zweifel am Geschwindigkeitswahn der Eisenbahn spürbar: Er führt dort zu einem Eisenbahnunglück, das durch eine lautmalerische Wiedergabe der Signaltöne vorbereitet wird. Günter Kunert - Unterwegs mit M. (1970) Im Auto gemeinsam unterwegs auf vergessenen Straßen geborstene Wespen am Glas platzender Regen Sonne und Dunkelheit und wieder Sonne: Wechsel weniger Worte. / Ein Schober flieht durchs Grau vergilbt und schief / Und manchmal schwebst du leicht und wunderbar.“ Im Gegensatz zum Wanderer, der sein Ziel erreichen möchte, hat der Spaziergänger Muße, stehenzubleiben – wie Hugo von Hofmannsthals Sprecher in Spaziergang (1893), der an einen Bretterzaun gelangt und über die Welt dahinter spekuliert. / In der Heimat stillen Kreisen / Schwärmt das Herz doch allzuviel.“ Oft sind es Vögel, an die sich die Gedanken heften, wenn eine Seelenreise beginnt, beispielsweise in Friedrich Nietzsches Im Süden, wo das lyrische Ich sich von Vögeln das leichte Schweben abschaut: „Ich hieß den Wind mich aufwärts heben, / Ich lernte mit den Vögeln schweben, — / Nach Süden flog ich über’s Meer.“ Verwandt ist Bertolt Brechts Lied der Starenschwärme (1932), in der sich der Sprecher als Mitfliegender in einen „in südlicher Richtung“ fliegenden Starenschwarms inszeniert. Insbesondere seit der Aufnahme eines geregelten Postverkehrs durch privilegierte Postunternehmen wird die Reise in der Kutsche zum Reisestandard zumindest des gehobenen Publikums. Unterhaltsam sind sie in aller Regel auch nicht. Andererseits ermöglicht der Spaziergang im Gegensatz zur kraftraubenden Wanderung auch Gespräche zu zweit, die in Gedichten auch von Naturbeobachtungen ausgehen können. Für den Sprecher von Andreas Gryphius’ barockem Sonett Abend (1650) erscheint das Leben allegorisch als „Rennebahn“. ; Sarah Kirsch, âWaldstückâ, S. 123); Darüber hinaus sollen ⦠Interpretation und den aspektorientierten Vergleich lyrischer Texte. Chausseen. Zum einen, um sich zu erinnern, was Heimat bedeuten kann und Fremde – und vor allem: Heimatlosigkeit. *06.03.1929, Berlin, Deutschland â 21.09.2019, Kaisborstel, Deutschland Günter Kunert galt als einer der bedeutendsten Lyriker der DDR. Ähnlich trostlos erscheint die Lebensreise des Sprechers in Mein Pfad geht über dürre Heide (1786): „Mein Pfad geht über dürre Heide, / Hier flieht mich höhnend jede Freude / Und lässt nur Ekel mir zurück.“ Dass das Leben zwecklos sei, folgert der Sprecher in Friedrich Rückerts Reiseziel (1822), das im Schlussquartett die Anfangsverse wiederaufnimmt: „Nun ist das Leben an seinem Ziel, / Und ohne Zweck war die Reise.“ Mitunter wird die Lebensreise von der Symbolik der Jahreszeiten begleitet. Während AugustHeinrich Hoffmann von Fallersleben die gesellige Wanderung schon 1871 in Die Wanderlieder für tot erklärt hatte, trägt die 1896 in Steglitz entstandene Wandervogel-Bewegung dazu bei, dass wieder gewandert wird – und beim Wandern gesungen. wo die Citronen blühn, / Im dunkeln Laub die Gold-Orangen glühn, / Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht, / Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht, / Kennst du es wohl? / Schuldlose entschuldigten sich für / die Schuld ihrer Väter.“ Das Gefühl ihres Verlusts ereilt die Exilanten aber erst, als sie in die USA zurückgekehrt sind: „Als sie sich der Küste von / Long Island näherten, / sahen sie die Schwäne auf der Havel / an sich vorbeiziehen, / und sie weinten.“ Auch für den Exilanten in Carl Zuckmayers Elegie von Abschied und Wiederkehr (1939) ist die Heimat verloren, in die der Sprecher eines Tages zurückkehren wird: „Ich werde durch erloschne Städte gehen, / Darin kein Stein mehr auf dem andern Stein. Fahr über das Meer! In Eichendorffs Heimweh (1841) ist der Reisegefährte der Bruder des Sprechers: „Wir wollen zusammen wandern, / Reich treulich mir die Hand!“. Damit ist die Lust am Wandern eben kein Herumirren (im Sinne einer Poriomanie), sondern ein bewusstes Erleben seiner selbst in Bewegung. Sie sollen die „Entdeckung Amerikas rückgängig machen“. Flugreisen ermöglichen einen neuen Blick auf die Erde, wo das Flugzeug als Schatten mitfliegt – so etwa in Köln – Brüssel – London (1929) von Joachim Ringelnatz, der auch zahlreiche weitere Fluggedichte verfasst hat. Nicht selten spiegelt sich die Geschwindigkeit der Eisenbahnfahrt in der assoziativen Reihung des sprachlichen Materials, so zum Beispiel in Günter Kunerts Lass uns reisen (1965): „Berg und Seen. Noch 1914 schreibt Alfred Wolfenstein in Luftschiff über der Stadt (1914) über den prometheischen Frevel des Menschen, der sich in den Himmel erhebt: „In des Himmels leuchtendere Geberde, / Greifen wir ein mit neuen Händen!“. Die Gedanken sind Reisende, die man nicht aufhalten kann: „Sie schritten durch eine steinerne Wand, / Durch Stacheldrähte und Wüstenbrand, / Durch Grenzverbote und Schranken, / Und durch ein vorgehaltenes Gewehr.“ Eine Reise des Herzens in „silberne Ferne“ entwirft Louis Fürnberg in Der neue Odysseus (1948). Soll ich weiterziehn?“. Die Süße Italiens ist aber nur um den Preis einer Reise vorbei an schroffen Alpengipfeln zu kosten. August von Platen muss in Venedig „Palladios Tempel“ ebenso erwähnen wie „Venedigs Löwen“, den Dogenpalast mit der Seufzerbrücke und schließlich den Markusplatz, damit der reiseliteraturkundige Leser sich an Canalettos Veduten und ihre Reproduktionen erinnert. Vor diesem Hintergrund lässt sich Emanuel Geibels Wanderlied (1848) verstehen: „O Wandern, o wandern, du freie Burschenlust! Nun wird es auch möglich, sich beim Reisen musikalisch begleiten zu lassen, wie das lyrische Ich aus dem anspielungsreichen Gedicht Lieder eines fahrenden Gesellen (1977) von Friedrich Christian Delius zeigt: „Wir fahren Im Radio Lieder / Von Mahler Nach Braunschweig“. Mit einem verwandten Gedanken schließt Kafkas Tunnel-Gleichnis aus den nachgelassenen Schriften (1917), das den Reisenden in der dunklen Ungewissheit des Tunnels festhält, in der „Verwirrung der Sinne“, und ein Ausweichen ausschließt: „Was soll ich tun? In Liegewagen (1998) von Richard Pietrass reist der Sprecher klimafreundlich auf dem, Sofa („Mein Fahren tut dem Wald nicht weh“) durch eine „stummverfilmte Frühlingswelt“. Auch im 37. / Dann mache dich zur Abfahrt bereit.“ Eine andere Funktion haben die Postkarten in Peter Salomons Vorübergehende Entfernung (1983): „Fotos von schönen Landschaften“ und konventionelle Grüße erinnern an die Ausnahmesituation der Urlauber, die mit der Rückkehr in den Alltag abrupt endet. Jg. In Italien (1982) rühmt die Sprecherin Italiens Gastfreundschaft: „Die Menschen verstehen mich / antworten mir / mit gütigen Gesten / jeder Blick ein / Willkomm-Gruß // Italien / mein Immerland.“ Auch in Rainer Malkowskis Zu Gast bei Emilio (1983) heißt es zuletzt: „Wirklich, ich fühle mich / hier deutlicher zu Hause.“ Eine Sonderstellung für deutsche Lyriker hat (neben Rom) zweifellos Venedig, die verfallende Lagunenstadt, wo sich Dekadenz und der Zauber untergegangener Größe treffen. Der Zauber Venedigs überwältigt selbst die Skeptiker; die bloße Erwähnung des Stadtnamens lässt die Umstehenden, wie in Friederike Roths Sag Venedig (1985) in Verzückung geraten: „Sag Venedig. Die Eisenbahnreise mit ihrer festgelegten Route auf eisernen Gleisen wird häufig zum Symbol des festgefahrenen, unabänderlichen Lebens, bei dem ein Abzweigen unmöglich geworden ist. / Weizen im Meer? / Man wandert aus und wandert ein. Während im Vorfeld Glanz und Gloria die Rekruten begleiten, Bilder von Ruhm, Ehre und Lebensgenuss dominieren, wird dem reisenden Soldaten rasch klar, worauf er sich eingelassen hat. Insofern kann das Lesen von Reisegedichten dabei helfen, Mitgefühl für die Flüchtigen, Vertriebenen und Unbehausten dieser Welt zu gewinnen, aber auch für die Zurückgelassenen und Zurückbleibenden – für Fernweh, Heimweh, Sehnsucht. Deutschland im ICE. Zuweilen muss der überwältigende Eindruck sich eine neue Sprache schaffen, sich in kühnen Metaphern und raunenden Neologismen ausprägen, umso mehr, wenn sie ohnehin zum poetischen Programm gehören. In Dieter Hofmanns Paris-Gedicht Auf dem Eiffelturm werden „Invalidendom, / Montmarte, Sacre Coeur, / Arc de Triomphe“ mit reinen Zweckbauten als „graues Knöchenspiel“ zusammengefasst. Eine Sonderform der Seelenreise ist die Reise in die eigene Seele – als Entdeckungsfahrt ins Selbst wie in Der Abenteurer (1932) von Joachim Ringelnatz, der beim Reisen durch seine „eigene Brust“ die Weiten auszumessen hofft: „Ich will mich treiben lassen / In Welten, die nur ein Fremder sieht.“, Kein Wort bringt die Grundhaltung romantischer Lyriker so deutlich zum Begriff wie „Sehnsucht“: das Gefühl der inneren Trennung vom Hier und Jetzt. September 1844“ datiertes Gedicht liest sich wie eine Litanei eines von Italien durchweg Enttäuschten: Er findet dort neben „Schmutz und Dürftigkeit“ ein „Volk der Wichte / Das vom Ruhm der Vorwelt zehrt“, stört sich am, „ew’gen Sonnenschein“ und an den italienischen Bettwanzen. Zwischen Berlin und Deutz am Rhein verkehrt der erste Schnellzug, wenig später folgt der erste Nachtzug von Berlin nach Bromberg. Der Text versammelt das typische Personal der Sommerfrische: ahnungslose Städter, höhere Töchter bei der Balz, Damen beim Kaffeklatsch, Skat klopfende Ehemänner. Der Sprecher beschreibt Venedig als „die Stadt, die immer wieder, wo ein Schimmer / von Himmel trifft auf ein Gefühl von Flut, // sich bildet ohne irgendwann zu sein“. Dass Landschaft durchwandert werden sollte, um sie zu verstehen, ist die Prämisse des epigrammatischen Gedichts Schwer zu verstehen von W. G. Sebald, das das Motiv der stummen Landschaft mit einer Umkehrung der Perspektive verbindet: „Schwer zu verstehen / ist nämlich die Landschaft, / wenn du im D-Zug von dahin / nach dorthin vorbeifährst, / während sie stumm / dein Verschwinden betrachtet“. Im Vormärz war schon der innerdeutsche Grenzübertritt erschwert durch streng überwachte Binnengrenzen. / Alle vermummt wie beim Femgericht. Letztlich lohnt sich der Weg ohnehin nicht mehr, weil es die Fremde im Zeitalter ihrer medialen Verfügbarkeit ohnehin nicht mehr gibt. Spätestens seit Homers Odyssee und Senecas Briefen Ad Lucilium lässt sich die Meerfahrt als Sinnbild des menschlichen Lebens begreifen, das den sicheren Hafen verlässt, in der Weglosigkeit des Ozeans sein Ziel sucht und mit etwas Glück den Stürmen des Schicksals entgeht, um irgendwo den Anker zu werfen. Mit sehnsüchtigem Blick hinauf zu den Wildgänsen beklagt der Sprecher von August Heinrich Hoffmann von Fallerslebens Die wilden Gänse (1840): „Kaum sind wir aber fort von Haus, / So muss auch schon der Pass heraus. Jeder Grund wiederum unterliegt der Beurteilung durch die Daheimbleibenden. Auch verbindet Goethe in seinen Römischen Elegien (1788 / 1790) die klassische Schönheit mit der sinnlichen Grazie des Roms seiner Zeitgenossen, bietet Reiseerlebnis im antiken Distichon dar. Dem zum Volkslied gewordenen Wandergedicht sagt 1871 August Heinrich Hoffmann von Fallerslebenin Die Wanderlieder voraus, es werde an der Eisenbahn zugrunde gehen: „Es hat die Allgewalt der Eisenbahn / Zerstört auch dieses Stück der Poesie.“ Sobald Lyriker selbst mit der Eisenbahn fahren, ergeben sich zwei Perspektiven: der Blick aus dem Fenster und das Studium der Mitreisenden. Die Gründe, weshalb man sich zu einer Reise aufmacht, sind so vielfältig wie die möglichen Ziele einer Reise. Ein nostalgischer Rückblick auf Italiens gesunkenen Stern dominiert in Italien von Isolde Kurz (1925): „Hingestreckt zwischen beiden Meeren / Liegst du und träumst in Mittagsruh’, / Götterliebling!“ Das personifizierte Italien genießt, des „schwere[n] Lorbeer[s] ledig, einen „heiteren Abend“. ach! Glück. In Hugo von Hofmannsthals Reiselied (1908) wird das lyrische Ich von Vögeln in ein utopisches Land entführt: „Kommen schon auf starken Schwingen / Vögel her, uns fortzutragen.“ In Stefan Zweigs Hymnus an die Reise (1924) ist das Fliegen die einzige Möglichkeit, sich von der Melancholie zu lösen und sich selbst zu finden: „Im Flug nur entfliehst du der eigenen Schwere, / Die dir dein Wesen umschränkt und erdrückt. Vorbei sind zwar die Tage nicht enden wollender Diaabende, aber Reiseberichte und Reiseromane werden nach wie vor geschrieben. Jahrhundert die Pilgerfahrt (auch nach Rom und ins Heilige Land) in der Christenheit üblich. In der Lyrik hat insbesondere die Reise Georg Forsters mit James Cook nachgewirkt, was sich beispielsweise in Matthias Claudius’ Urians Reise um die Welt aus der Sammlung Asmus omnia sua secum portans zeigen lässt, der die Hauptfigur unter anderem nach Tahiti („Otahait“) gelangen lässt. Spätestens die Erwähnung der einsam Insel Salas y Gomez macht deutlich, dass die Reise nur eine erlese ist: „Nach Salas y Gomez wurde ich getrieben, / Wo der Mann die drei Schiefertafeln geschrieben“. Mit der Gründung der Deutschen Luft-Reederei setzt in Deutschland ein regulärer ziviler Luftverkehr ein. Stück der Romanzen und Jugendlieder (1823) August von Platens vertieft sich der Sprecher in die Vorstellung, sich in einem Kahn, dem er „nie entsteigen“ will, dem Fluss hinzugeben, der ihn an den paradiesischen Vergnügungen des Lebens vorbeiträgt. / Verschlossen Tür und Tore: / Dir fehlt das Losungswort.“ Die kurz gefühlte Freiheit des Exils verwandelt sich bald in Haltlosigkeit. Wenn Alexander an die Pforte des Paradieses vorstößt oder in einer Taucherglocke vorstößt, zeigt dies einerseits seine Vermessenheit (hybris), andererseits seine Neugier (curiositas). Jeder Eintrag versucht (allerdings nicht in aller Konsequenz) weitere Einzelmotive zu unterscheiden und mit Auszügen zu belegen. 780-1050: Frühmittelalter, 1050-1250: Hochmittelalter, 1250-1450: Spätmittealter, 1450-1580: Frühe Neuzeit, 1600-1650: Frühbarock, 1650–1700: Hochbarock, 1700–1740: Spätbarock, 1730–1760/70: Rokoko, 1740-1790: Empfindsamkeit, 1765-1785: Sturm und Drang, 1785-1832, Tod Goethes: (Weimarer) Klassik, 1795-1804: Frühromantik, 1804-1815: Hochromantik, 1815-1848: Spätromantik, 1815-1848: Biedermeier, 1830-1849: Vormärz, 1830-1835: Junges Deutschland, 1850-1890: Bürgerlicher Realismus, Impressionismus, Décadence und Fin de Siècle, Symbolismus, Naturalismus, Expressionismus, 1910-1933: Neue Sachlichkeit, 1933-1945: Lyrik des Exils, 1933-1945: Lyrik des Dritten Reichs, 1945-1949: Trümmerliteratur, 1949-1960: Lyrik der Wirtschaftswunderzeit, 1949-1990: Lyrik der Bonner Republik, 1949-1989: Lyrik der DDR, 1990-Gegenwart: Gegenwartslyrik. Ich bräuchte etwas Hilfe. Eine Kulturstudie der bürgerlichen Sommerfrische ist Ludwig Thomas Sommer-Idylle (1901): „Berge und Täler sind jetzt voll von Menschen / Welche sich Urlaub genommen haben / Und an der reinen Luft der Kurorte / Sowohl sich als ihre Angehörigen laben“. Heinrich Heine lässt sich als Emigrant in Paris nieder und wird zum Dichter der Heimatlosigkeit. Solcherart angeeignet ist Venedig eben doch unvergänglich. / Wie ein verlorener Haufen / Stehn wir in fremdem Land. In Günter Kunerts Unterwegs mit M. schafft die Schutzhülle des Wagens einen Raum für Geborgenheit und Sorglosigkeit: Auch âgeborstene Wespen am Glasâ und âplatzender Regenâ können dem Reisepaar nichts anhaben. Auch wer tatsächlich auswandert, orientiert sich an jenem Genueser Abenteurer, der gegen alle Denkgewohnheiten eine neue Welt findet. Der Sprecher, im Traum „ein junger Edelmann“, reitet ziel- und orientierungslos durch die Nacht: „Ich wusste nicht, woher ich kam. Gedichte über Flüsse sind oft in paradoxer Weise Reisegedichte: Während der Fluss die Gedanken des Sprechers ins Weite trägt, bleibt dieser zurück. .. Suche zum Gedicht von Günter Kunert " zum ersten mal im Weltall" eine Interpretation, Textbeschreibung oder Inhaltsangabe. Während die tatsächliche Pilgerreise, wie sie in Christentum und Islam, aber auch im Hinduismus üblich ist, oft über festgelegte Stationen zu einer Heilsstätte führt, kann der lyrische Pilger sein Seelenheil auch an unbestimmtem Ort finden, wie der Pilger in Schillers Der Pilgrim (1803), der sich von einem Fluss ans Meer treiben lässt und dort die Unerreichbarkeit des Himmels (und der Erlösung) erkennt. Zahlreiche Lyriker mit Wurzeln in Schlesien, Ostpreußen und Pommern verfassen Gedichte über ihre Entwurzelung. Wenn Reisende in Jerusalem in religiösen Wahn verfallen (Jerusalem-Syndrom), in Florenz dem Zauber der Kunststadt nicht standhalten (Stendhal-Syndrom) oder in Paris halluzinieren (Paris.-Syndrom) – dann hat der Reiseeindruck das Fassungsvermögen der Reisenden überfordert. / Die Erde dreht sich dahin. Domins Bild hat ein Vorbild in Joseph von Eichendorffs Heimweh (1841), das er seinem Bruder Wilhelm zueignet. In Nacht-Wanderer (1758) schlägt Barthold Heinrich Brockes eine andere Typologie der Lebensreisenden vor, die dem Sprecher allesamt wie „mondsücht’g[e] Wandrer“ vorkommen: Die einen streben auf ihrer Lebensreise nach Ehre, die anderen nach Geld und die dritten nach Lust. Empfang (1987) hält der Sprecher einer Passkontrolle skeptisch fest: „Das Dröhnen des Stempels / Behauptet: / Ich bin kein Fremder mehr.“ Im Grunde flieht der Exilant nicht nur aus der Heimat, sondern auch vor ihr. Andreas Gryphius, Georg Rudolf Weckherlin, Martin Opitz, Christian Hofmann von Hoffmanswaldau, Paul Fleming, Philipp von Zesen. Lyrische Spaziergänge können von einer Beobachtung oder einem Erlebnis in die Reflexion ausschweifen – in Klabunds Spaziergang (1927) ist es Vogelkot, der ein Räsonieren über die Ungerechtigkeit der Natur anstößt. Worauf hoffe ich beim Reisen? Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln der modernen Infrastruktur; schreibend, beobachtend, protokollierend, fotografierend, mit neuen Medien dokumentierend; sich selbst als Reisender reflektierend und die Reiseindustrie kritisierend; Um sich selbst zu finden oder zu verlieren; um auf den Spuren der Tradition Neues zu entdecken; um der Fremde zu begegnen und das Eigene neu zu definieren. In Theodor Fontanes Meine Reiselust wird eine Reihe exotischer Reiseziele genannt. Bei Brentano erkennt das lyrische Ich, dass auch in der Fremde „dieselben Klagen“ und „dieselbe Lust“ laut werden; daraus folgt: „Und so bin ich hier zuhaus.“ In Georg Brittings Bei den Tempeln von Paestum (1937 / 1938) ist es ausgerechnet der Löwenzahn, der die Erkenntnis fördert, dass auch Salerno und Bayern nicht weit auseinanderliegen: „Mein Schatten wirft sich schwarz. Eine imaginäre Reise, die im Koffer vollzogen wird, erlebt das lyrische Ich in Johannes Schenks Überseekoffer (2000): „Morgen begeh ich mit Fernrohr unterm Arm / bei gutem Wetter den Kofferdeckel / und bestaune das letzte Meer.“ In Günter Kunerts Urlaubsfoto (1987) ist es eine Aufnahme „tote[r] Boote auf den Stränden“ mit leeren Fischernetzen, die als Mahnung den Aufbruch begleiten: „Noch ein Blick: Das Bild erfassen. Das vermutlich bekannteste Gedicht, das eine Winterwanderung beschreibt, ist neben Fontanes Alles still!Friedrich Nietzsches Vereinsamt (1884), das von der Betrachtung des winterlichen Krähenzugs ausgehend die existenzielle Heimatlosigkeit des lyrischen Ichs in einer abweisenden Welt darstellt: „Nun stehst du bleich, / Zur Winter-Wanderschaft verflucht, / Dem Rauche gleich, / Der stets nach kältern Himmeln sucht.“ Nietzsches Text wird in Ulla Hahns lakonischem Gedicht Auf Erden (1985) aufgegriffen: „Die Krähen schrein. Den Augenblick vor der Entdeckung Salvadors und die Vorzeichen der Ankunft in exotischer Fremde schildert Georg Heym in Columbus (1911). Die Roma erreichen Mitteleuropa: Auch vorher schon gab es wandernde Händler und Handwerker, doch keine andere Gruppe der Fahrenden wird in Gedichten so verklärt wie die „Zigeuner“ – im Widerspruch zur realen Diskriminierung, der sie vielfach bis heute ausgesetzt sind. Als fahrender Sänger in Mitteleuropa (deutschsprachige Länder, Frankreich, Oberitalien. Aus westdeutscher Sicht ist die DDR das „dämmernde Land“, die Diktatur des Volks legt sich wie Äther auf das Land. Reisegedichte sind Denkmäler, die uns als Reisende an die Würde des Augenblicks erinnern und an dessen Einzigartigkeit, die unwiederbringliche sinnliche Erfahrung. Albrecht von Hallers Die Alpen verändert den Blick auf das Hochgebirge, das wegen seiner dramatischen Naturschönheit im 18. Allerdings wird erst im 11. 7. Die Walz liefert die Grundlage zu Wilhelm Müllers bekanntem Lied Wanderschaft (1818), das den geradezu sprichwörtlichen Müller auf Reisen schickt – das Modell seines Wanderns entnimmt er dem Handwerk: dem Wasser, das „stets auf Wanderschaft bedacht“ und den Mühlrädern, die „gar nicht stille stehn“. Jeder Reisende verreist mit Gepäck – mit realem oder imaginärem, buchstäblich oder metaphorisch. Santiago da Compostela wird zum Wallfahrtsort. / Und endlich fällt von deinem Schuh / Der Nordbär ab.“ In den Jahrzehnten nach dem Krieg wird die deutsche Beziehung zu Italien wieder inniger, die zwischenzeitlich verschüttete Liebe wird wieder ausgegraben und gedeiht bis zum Klischee. Reisegedichte schulen die Stimme für das Sagbare und manches Unsagbare: Wie spricht man über das Erfahrene? Die Figur des Odysseus wird insbesondere in der Exilliteratur aufgegriffen, etwa in Johannes R. Bechers Sonett Odysseus (1938) und seinem Langgedicht Ithaka (1944). Die seit dem Frühmittelalter bezeugte lateinische Vagantenlyrik entfaltet sich zu einer reichen volkssprachlichen Tradition, die nicht nur die Fahrenden, sondern auch temporär Wandernde einschließt. In Heines Stammbuchblatt Lebensgruß für Prinz Alexander (1817-21) wird das Leben zur Landstraße, auf der wir alle unterwegs sind und einander nur flüchtig begegnen: „Eine große Landstraß ist unsere Erd, / Wir Menschen sind Passagiere; […] Kaum treffen wir uns auf derselben Station, […], Da bläst schon zum Abschied der Postillon, / Und bläst uns auseinander.“ Bedrückend nimmt sich Clemens Brentanos Ich bin durch die Wüste gegangen (1816): Die entbehrungsreiche Lebensreise führt durch die Wüste der Welt, Erlösung verspricht nur der Tod. Friedrich von Matthison belebt in Abendlandschaft (1787-1794) das Seeufer mit magischen Naturwesen: „Schleierlos / Tanzt auf Moos / Gnom und Elfe, dort wo Rüstern / Am Druidenaltar flüstern“. Das spiegelt auch Goethes in der „Postchaise den 10. Eine solchermaßen politisierte Landschaft durchfährt Richard Wagners Sprecher in Die Reise (1988). Dieses Schreibmuster scheint noch in Goethes 1777 entstandener Hymne Seefahrt durch, wo der Protagonist kühn dem Sturm die Stirn bietet: „Doch er stehet männlich an dem Steuer, / Mit dem Schiffe spielen Wind und Wellen“. Auf Monitoren, / Matratzen, Fellsesseln und Fensterläden verstreut - / Bunte Prospekte, Wettersegel, Fesselballons, Drachenkitsch.“ Dass die Tourismusindustrie dabei ihren Gewinn im Blick behält, stellt Wilhelm Riedel in seinem Reisebüro-Gedicht xenophil (2015) heraus: „Fernweh schweift über Berge, / um das geheimnisvoll Fremde zu erreichen – / und den Umsatz zu steigern.“ Das Geschwätz geistloser Pauschaltouristen imitiert Ralf Thenior in Gran Canaria (1977). Der Wanderer entsagt der philiströsen Sesshaftigkeit, um sich von der Sehnsucht sorglos in die Ferne treiben zu lassen, wie in Joseph von Eichendorffs Der frohe Wandersmann (1817): „Die Trägen, die zu Hause liegen, / Erquicket nicht das Morgenrot, / Sie wissen nur vom Kinderwiegen, / Von Sorgen, Last und Not um Brot“. – Fragt ihr: ‚Wohin?‘ / Ich bin nur ein Matrose.“ Ein weiteres Motiv, das sich in vielen Meeresgedichten findet, ist das gedankliche Durchdringen der Meeresfläche, um den Meeresgrund mit Phantasiegestalten zu besiedeln, was sich beispielsweise in Eichendorffs Meeresstille (1837) vollzieht: Das lyrische Ich erblickt in der Tiefe, die sich „wie eine prächtige Nacht“ darstellt, „Seekönig auf seiner Warte“. Empfindsamkeit: Goethe, die Grafen Stolberg, Friedrich von Matthisson, Leopold Friedrich Günther von Goeckingk, Klopstock, Ewald von Kleist. Die Begeisterung der deutschen Klassiker glüht noch in Stefan Georges Rom-Fahrer (1899) nach, der den Lesern Roms historische Größe ins Gedächtnis ruft: „Dort gaukelt vor euch ein erhabnes ziel / Durch duft und rausch in marmor und paneelen / Dort lasset ihr vom besten blute viel / Und ewig fesselt eure trunknen seelen“.